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Schröpfen
04.05.2021

Alles bloß Zucker?

Zunächst einmal: Naturheilverfahren und Schulmedizin müssen nicht miteinander im Widerspruch stehen. Einige Vorurteile in diese Richtung sind unbegründet, denn viele klassische Naturheilverfahren sind längst in die konventionelle Medizin integriert und können eine wertvolle Ergänzung darstellen.

Voraussetzung für den Einsatz von Naturheilverfahren im Zusammenspiel mit der Schulmedizin ist, dass ihre Wirksamkeit und Verträglichkeit gut erforscht ist. Viele niedergelassene Ärztinnen und Ärzte verfügen inzwischen über eine Zusatzqualifikation für die Anwendung naturheilkundlicher Verfahren.

Es gibt allerdings auch diverse alternativmedizinische Verfahren, deren Wirksamkeit nicht wissenschaftlich belegt ist – oder deren belegbare Wirkung nicht über die eines Placebos hinausgeht.

Was sind Naturheilverfahren?

Der Begriff „Naturheilverfahren“ kann erst einmal verwirren, denn die dahinterstehenden Therapien sind vielfältig. Es handelt sich dabei um Therapien, die nur auf natürlich in der Umwelt vorkommende Ressourcen zurückgreifen (unter anderem auf Wasser, Kälte, Wärme, Pflanzen und die menschliche Bewegung).

Gemeinsam ist diesen Verfahren in der Regel, dass ihnen ein „ganzheitliches“ Medizinverständnis zugrunde liegt. Das heißt, dass die Krankheit nicht isoliert gesehen, sondern der ganze Mensch – Körper und Geist – betrachtet wird.

Ziele der Naturheilverfahren sind unter anderem die Anregung der Selbstheilungskräfte und nicht zuletzt die Übernahme von Eigenverantwortung durch die Patientin oder den Patienten.

Laut der Internetseite des Berufsverbandes Deutscher Internisten gelten als klassische Naturheilverfahren:

  • Hydrotherapie
  • Thermotherapie
  • Phytotherapie
  • Bewegungstherapie
  • Ernährungstherapie
  • Ordnungstherapie

Hinzu kommen noch jahrhundertealte Verfahren wie unter den Begriffen Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) oder Traditionelle Indische Medizin (Ayurveda) zusammengefasst sind.

Ein Vorteil dieser erwiesenermaßen wirksamen Naturheilverfahren ist, dass fast alle Maßnahmen von der Patientin oder dem Patienten nach einer Anleitung selbst ausgeführt werden können. Die Verfahren sind in der Regel preiswert und gelten als arm an Nebenwirkungen.

Gehört Homöopathie zu den klassischen Naturheilverfahren?

Ein Missverständnis ist es, wenn auch die Homöopathie als klassisches Naturheilkundeverfahren bezeichnet wird. Bei der Homöopathie wird ein Wirkstoff nach festgelegten Regeln so stark verdünnt, dass er molekular nicht mehr nachweisbar ist.

Klassische Naturheilverfahren und speziell die Pflanzenheilkunde stehen in keinerlei Bezug zur Homöopathie. So sind etwa Kräutertees und andere natürlich pflanzliche Mittel, die durchaus starke Wirkstoffe enthalten, nicht mit hochpotenzierten, wirkstofflosen homöopathischen Mitteln zu vergleichen.

Die Helmholtz-Gemeinschaft, die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands, formuliert es so: „Homöopathische Mittel allein wirken nicht gegen die Beschwerden, gegen die sie empfohlen werden. Das ist schon seit Jahrzehnten wissenschaftlich erwiesen.“

Eignen sich Naturheilverfahren auch für Kinder?

Gerade weil klassische Naturheilverfahren in der Regel wirksam und gut verträglich sind, kommen sie häufig auch für Kinder in Frage.

Vor der Anwendung von alternativmedizinischen Verfahren – gerade bei Kindern – sollten Sie allerdings immer bei Ihrer Ärztin oder ihrem Arzt nachfragen.

Ein gutes Beispiel, bei dem sich Schulmedizin und Naturheilverfahren gut ergänzen können, ist die Osteopathie.

Osteopathie: Was ist das?

Die Osteopathie ist ein Ende des 19. Jahrhunderts in den USA entwickeltes alternativmedizinisches Therapieverfahren. Dabei geht es darum, Bewegungseinschränkungen im ganzen Körper zu identifizieren und zu behandeln.

Diagnostik und Behandlung erfolgen dabei mit den Händen. Osteopathinnen und Osteopathen wollen den Ursachen von Beschwerden auf den Grund gehen und den Menschen in seiner Gesamtheit behandeln.

Das heißt, sie versuchen mit ihren Händen und sanftem Druck von ihnen identifizierte Blockaden in Gelenken und Gewebe zu lösen oder Organfehlstellungen zu beheben.

Bei der Osteopathie werden drei Teilbereiche unterschieden:

  • Die parietale Osteopathie beschäftigt sich mit Muskeln, Skelett und dem Bindegewebe. Für diesen Teilbereich der Osteopathie sind wissenschaftliche Grundlagen wie etwa Studien zur Wirksamkeit vorhanden. Speziell für den Bereich der Wirbelsäule (zum Beispiel beim chronischen Schmerzsyndrom der Wirbelsäule) geht die Bundesärztekammer in der Regel von einer Wirksamkeit osteopathischer Behandlungen aus.
  • Die viszerale Osteopathie legt den Fokus auf die inneren Organe und das sie umgebende Gewebe. Für diesen Bereich sind deutlich weniger wissenschaftliche Grundlagen vorhanden.
  • Die kraniosakrale (auch kraniale) Osteopathie beschäftigt sich mit Gehirn, Rückenmark und den Hirnhäuten. Sie geht von der Annahme körpereigener Rhythmen des Organismus aus. Für diesen Bereich liegen bislang keine wissenschaftlichen Grundlagen vor.

In welchen Bereichen kann Osteopathie angewendet werden?

Das mögliche Anwendungsgebiet der Osteopathie ist sehr breit und betrifft akute wie chronische Beschwerden. Auf der Website des Berufsverbands deutscher osteopathischer Ärztegesellschaften (BDOÄ) findet sich eine Liste von mehr als hundert Krankheitsbildern und Beschwerden, bei denen die Anwendung der Osteopathie in Frage kommt: Von Verdauungs- und Schlafstörungen über Bandscheibenvorfälle bis hin zu Migräne.

Osteopathie kann auch begleitend zu anderen medizinischen Behandlungen eingesetzt werden.

Wo liegen die Grenzen der Osteopathie?

Eine osteopathische Behandlung ist nicht sinnvoll, wenn eine bösartige Erkrankung vorliegt. Auch beispielsweise ein Knochenbruch muss akutmedizinisch versorgt werden. Wenn sie die Grenzen der Osteopathie erreicht sehen, werden kompetente Behandelnde in der Regel Patientinnen und Patienten an die Schulmedizin weiterleiten.

Wer darf sich Osteopathin/Osteopath nennen?

Da die Osteopathie in Deutschland als Heilkunde gilt, darf sie nur von Ärztinnen und Ärzten (meist sind es solche aus dem Bereich Orthopädie) oder Behandelnden mit einem Heilpraktikerschein ausgeübt werden.

Allerdings: Die Ausbildung ist in Deutschland nicht einheitlich geregelt. Für Patientinnen und Patienten ist es häufig schwer zu durchschauen, ob ein Osteopath oder eine Osteopathin auf die Erfahrung aus einer mehrjährigen Ausbildung zurückblicken kann oder lediglich einen Wochenendkursus absolviert hat.

Wer sich für Osteopathie interessiert, tut also gut daran, sich über Ausbildung und Erfahrung des jeweiligen Behandelnden zu informieren. Letztlich kommt es auf das Vertrauensverhältnis an. Wichtig ist, dass Sie sich gut aufgehoben fühlen und die Behandlung Ihnen guttut.

Osteopathie: Wer trägt die Kosten?

Osteopathie ist normalerweise keine Kassenleistung. Über die Zusatzversicherung INTER QualiMed Z Ambulant werden von der INTER die Kosten Heilpraktikerbehandlungen übernommen. So auch für osteopathische Behandlungen.

 

Quellen:

www.dw.com/de/hom%C3%B6opathie-mit-zuckerk%C3%BCgelchen-heilen/a-19279497

www.internisten-im-netz.de/fachgebiete/komplementaermedizin/was-ist-naturheilkunde/abgrenzung-zur-alternativen-medizin.html

www.internisten-im-netz.de/fachgebiete/komplementaermedizin/was-ist-naturheilkunde/klassifikation-der-naturheilverfahren.html

www.aerzteblatt.de/archiv/145838/Ayurveda-Traditionelle-Indische-Medizin-Mehr-als-ein-Wellnesstrend

www.iqwig.de/sich-einbringen/themencheck-medizin-thema-vorschlagen/hta-berichte/hta-berichte-detailseite_11270.html

www.helmholtz.de/gesundheit/wirkt-homoeopathie-wirklich/

www.aerzteblatt.de/archiv/66809/Wissenschaftliche-Bewertung-osteopathischer-Verfahren

www.bdoae.de/home/osteopathie/indikationen/

www.quarks.de/gesundheit/medizin/wie-hilfreich-ist-osteopathie/

www.osteopathie.de/osteopathie-was_ist_osteopathie

www.apotheken-umschau.de/therapie/therapiearten/trendbehandlung-osteopathie-701455.html

www.bundestag.de/resource/blob/680254/5042695d943c305b288587e184f0703c/Berufsbild-des-Osteopathen-data.pdf

 

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