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Praxisgründen Ratgeber
07.09.2021

Niederlassung als Arzt: Welche Praxis passt zu mir?

Es gibt viele Möglichkeiten, den Arztberuf auszuüben. Während sich die einen eher bei einer Tätigkeit im Krankenhaus sehen, bevorzugen andere die Arbeit in einer Praxis. Doch der Weg zum (eigenen) Arztsitz ist mit einigen Hürden verbunden. Wir geben einen Überblick, was es zu beachten gilt.  

Wer darf eine Praxis eröffnen?

Zunächst einmal muss man grundsätzlich die Frage stellen, wer behandelt werden soll: Privatversicherte und Selbstzahler oder Kassenpatienten?

Wer eine Approbation als Arzt oder Psychotherapeut besitzt, darf grundsätzlich eine Privatpraxis für Privatpatienten und Selbstzahler eröffnen und diese dort behandeln. Wer als niedergelassener Arzt Personen behandeln möchte, die bei der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, benötigt eine Zulassung als Vertragsarzt durch die gesetzlichen Krankenkassen.

Dieser Ratgeber behandelt im Folgenden das Thema Niederlassung als Vertragsarzt.

Niederlassung als Vertragsarzt: Die wichtigsten Schritte in Kürze

Wer als Vertragsarzt oder Vertragspsychotherapeut arbeiten will, muss laut den Experten der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) folgende Schritte durchlaufen:

  1. Antrag auf Zulassung in das Arztregister im KV-Bereich des Wohnortes. Voraussetzungen sind die Approbation und die bestandene Facharztprüfung.
  2. Eintrag auf die Warteliste für eine Zulassung. Dieser Schritt wird von vielen KVen empfohlen, um nachhaltiges Interesse an einer Niederlassung zu dokumentieren. Allerdings: In Regionen, die als unterversorgt gelten, gibt es oft keine Wartelisten.
  3. Antrag auf Zulassung als Vertragsarzt. Darüber entscheidet der Zulassungsausschuss, in dem Vertreter der KV sowie der Krankenkassen sitzen.
  4. Bewerbung auf einen ausgeschriebenen Praxissitz

Standortwahl: Wo darf die Praxis liegen?

Die Standortwahl der Praxis hängt von vielen Faktoren ab. Bevor ganz praktische Überlegungen wie Verkehrsanbindung, Parkplatzsituation und räumliche Begebenheiten wie Platz und Ausstattung eine Rolle spielen, muss zunächst die Versorgungs- und Wettbewerbssituation vor Ort ermittelt werden.

Dies gilt insbesondere, wenn die Neugründung einer Praxis geplant ist – denn dies ist nicht so ohne weiteres möglich. Meist kommt sie nur in Gebieten infrage, in denen eine Unterversorgung besteht. Das gilt zum Beispiel für viele ländliche Regionen, in denen ein akuter Mangel an Medizinern herrscht.

Wer eine Neugründung in Erwägung zieht, sollte also auch einem Umzug gegenüber aufgeschlossen sein und die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass mit dem neuen Arbeitsort direkt ein neues Wohn- und Lebensumfeld einhergeht.

Eine Praxisgründung ist hochkomplex. Suchen Sie sich am besten frühzeitig professionelle Unterstützung, zum Beispiel durch Ärzteberater in Sachen Gründung und Niederlassung, einen Fachanwalt für Medizinrecht sowie Steuerberater.

Eine Alternative ist die Übernahme einer bestehenden Praxis.

Alternative: bestehende Praxis übernehmen

Selbstverständlich kann auch für die Übernahme einer bestehenden Praxis ein Umzug nötig sein. Dennoch bietet diese Variante gegenüber der Neugründung viele Vorteile. So ist sie vor allem in Gebieten, in denen eine Zulassungsbeschränkung herrscht, eine gute Möglichkeit, eine eigene Praxis führen zu können.

Auch lassen sich im Vergleich zur Neugründung häufig Kosten sowie Organisationsaufwand sparen. Denn wer eine Praxis übernimmt, kann oft eingerichtete Räumlichkeiten inklusive Ausstattung sowie einen bestehenden Patientenstamm und ein bereits eingespieltes Praxisteam mit übernehmen.

Ein weiterer Vorteil liegt in der höheren finanziellen Planungssicherheit durch vorliegende Informationen über die Umsätze des Vorgängers.

Eine Möglichkeit, eine Praxis zu übernehmen ist eine entsprechende Bewerbung bei der zuständigen KV. Viele KVen unterstützen bei der Suche nach der passenden Niederlassung, stellen Kontakt zwischen Abgeber und Interessenten her, zum Beispiel durch spezielle Praxisbörsen, und bieten eventuell finanzielle Fördermöglichkeiten an.

In den folgenden Absätzen finden Sie einen Überblick, was Sie noch beachten müssen, wenn Sie sich niederlassen wollen.

Wie will ich mich niederlassen?

Für die Niederlassung als Arzt gibt es verschiedene Optionen.

Einzelpraxis

Eine Einzelpraxis bietet maximale Selbstständigkeit, sowohl organisatorisch als auch wirtschaftlich und medizinisch. Wer eine eigene Praxis führt, kann Sprechzeiten, Arbeitsschwerpunkte und Urlaube eigenständig festlegen.

Die wirtschaftliche Unabhängigkeit bedeutet aber auch ein erhöhtes Risiko, zumal die Kosten für Personal, Räumlichkeiten und Ausstattung allein getragen werden müssen.

Niedergelassene Ärzte haben die Möglichkeit, im Rahmen eines Praxisnetzes – einem freiwilligen Zusammenschluss von Vertragsärzten aus unterschiedlichen Fachrichtungen – mit anderen Kollegen zusammenzuarbeiten und durch diesen Austausch die medizinische Versorgung der Patienten zu verbessern.

Die Selbstständigkeit der einzelnen Ärzte wird dabei bewahrt.

Praxisgemeinschaft

In einer Praxisgemeinschaft schließen sich zwei oder mehrere Ärzte zusammen, um Ressourcen wie Praxisräume, medizinische Geräte oder Fachpersonal gemeinsam zu nutzen. Das spart nicht nur Kosten, es bietet auch die Möglichkeit zum fachlichen Austausch.

Der Zusammenschluss kann unter Kollegen aus denselben oder unterschiedlichen Fachgebieten erfolgen. Allerdings bedient jeder Arzt in der Praxisgemeinschaft seinen eigenen Patientenstamm und muss getrennt von den anderen abrechnen. Anders sieht es bei einer Gemeinschaftspraxis aus.

Gemeinschaftspraxis (BAG)

In einer Gemeinschaftspraxis, auch Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) genannt, arbeiten Ärzte aus derselben oder aus verschiedenen fachärztlichen Richtungen zusammen und wirtschaften auch gemeinsam.

Das heißt, es werden nicht nur gemeinsame Räumlichkeiten genutzt und Kosten geteilt, sondern auch ein Patientenstamm behandelt und abgerechnet. Trotzdem arbeitet jeder Kollege eigenverantwortlich und medizinisch unabhängig.

Teilzulassung

Bei einer Teilzulassung ist man sowohl angestellt als auch selbstständig. Es ist also möglich, halbtags in einem Krankenhaus zu arbeiten und die übrige Zeit freiberuflich in einer (eigenen) Praxis.

Anstellung als Arzt

Man kann sich als Arzt niederlassen, ohne sich selbstständig zu machen. Das geht durch eine Anstellung in einer Praxis oder einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ).

Letzteres ist eine ärztlich geleitete Einrichtung zur ambulanten medizinischen Versorgung, in der mehrere Ärzte zusammenarbeiten – ähnlich wie in einer Gemeinschaftspraxis. Während aber bei der BAG jeder Arzt über eine eigene Zulassung verfügt, ist das MVZ selbst der Zulassungsträger.

Für Patienten macht das aber in der Regel keinen Unterschied.

Für angestellte Ärzte gelten die allgemeinen gesetzlichen Regelungen für Angestellte: Sie bekommen ein regelmäßiges Gehalt, haben Anspruch auf Mutterschutz, Elternzeit und Elterngeld. Außerdem müssen sie keine finanziellen Risiken eingehen oder Investitionen tätigen.

Jobsharing Praxis

Diese Option bietet die Möglichkeit, sich in einem Gebiet niederzulassen, das eigentlich für Neuzulassungen gesperrt ist. Hier teilen sich zwei Ärzte derselben Fachrichtung einen Arztsitz. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: Jobsharing als gleichberechtigte Partner einer BAG oder als Arzt in Anstellung. Beim Jobsharing ist der Leistungsumfang darauf festgeschrieben, was die Praxis in der Vergangenheit vor Einstieg des neuen Kollegen abgerechnet hat. Eine minimale Ausweitung der Leistungen (um maximal drei Prozent) ist jedoch erlaubt.

Wie kann ich meine Praxis absichern?

Sie haben bereits eine Praxis gefunden und möchten diese nun optimal absichern? Zur Absicherung Ihrer Praxis, Ihres Teams oder bei Fragen der PKV für Ärzte und der Altersvorsorge sind Sie beim Heilwesenservice der INTER Versicherungsgruppe in besten Händen.

Quellen:

https://www.lass-dich-nieder.de/

https://www.kbv.de/html/14347.php

https://www.g-ba.de/themen/bedarfsplanung/bedarfsplanungsrichtlinie/

https://www.g-ba.de/downloads/62-492-2391/BPL-RL_2020-12-17_iK-2021-02-18.pdf

https://www.aerzteblatt.de/archiv/186113/Praxisgruendung-Beratung-fuer-den-Schritt-in-die-Niederlassung

https://www.bmvz.de/wissenswertes/mvz-information/medizinische-versorgungszentren/

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