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Ratgeber Physiotherapie
31.03.2022

Phytotherapie: Heilen mit pflanzlichen Mitteln

Bereits in der griechisch-römischen Antike kannte man sich bestens mit Heilkräutern aus. In europäischen Klöstern des Mittelalters wurden häufig Heilpflanzen und Kräuter kultiviert und ihre Wirkung beobachtet. Für die heutige Schulmedizin sind pflanzliche Bestandteile wichtige Bausteine für viele Arzneimittel. Der medizinische Fachausdruck für die Pflanzenheilkunde heißt Phytotherapie: „Phyto“ ist das griechische Wort für Pflanze.

Was ist die Phytotherapie und wie wirkt sie?

Unter Phytotherapie versteht man die Heilung, Linderung und Vorbeugung von Krankheiten und Beschwerden durch Arzneipflanzen oder deren Teile (wie zum Beispiel Blüten, Wurzel oder Blätter) oder durch pflanzliche Bestandteile (wie etwa ätherische Öle). Auch Zubereitungen aus Arzneipflanzen können zum Einsatz kommen (wie zum Beispiel Trockenextrakte, Tinkturen oder Presssäfte). Auch Bäder, Umschläge und Inhalationen können Teil der Phytotherapie sein.

Wichtig ist dabei zu betonen, dass die Phytotherapie ein Bestandteil der wissenschaftlich orientierten Medizin ist. Man sollte sie daher auf keinen Fall mit der Homöopathie in einen Topf werfen.

In den in der Phytotherapie eingesetzten Pflanzen stecken eine Reihe von Wirkstoffgruppen. Zum Beispiel ätherische Öle, Bitterstoffe, Flavonoide oder Schleimstoffe. Diese können je nach Krankheitsbild eingesetzt werden. Die in der Phytotherapie verwendeten Arzneimittel heißen Phytopharmaka.

Phytotherapie: Die historischen Wurzeln

Ob im alten Ägypten, im antiken Griechenland, Rom oder China: viele Gesellschaften in der Geschichte verfügten über eine jahrhundertelange Tradition in der Verwendung von Heilpflanzen. Von den Ägyptern ist zum Beispiel bekannt, dass sie bereits viele Jahrhunderte vor Christi Geburt Hanf als Heilpflanze genutzt haben. Im mittelalterlichen Europa waren die Klöster Zentren des Wissens um Heilpflanzen. Schriften von Ärzten der Antike wurden dort bewahrt und eigene Beobachtungen angestellt und festgehalten – auch von Frauen wie etwa der Äbtissin Hildegard von Bingen (1098-1179).

In der Neuzeit entwickelte sich die pharmazeutische Forschung und mit ihr die Welt der synthetisch hergestellten Wirkstoffe. Das Interesse an den Arzneipflanzen sank im Zuge dieser Entwicklung, sie gerieten jedoch nie in Vergessenheit. Der Begriff Phytotherapie geht dabei auf den französischen Mediziner Henri Leclerc (1870-1955) zurück.

Phytotherapie und Schulmedizin: Kein Widerspruch

Die Phytotherapie mit ihrem zum Teil jahrhundertealten Erfahrungsschatz und die moderne Schulmedizin stehen nicht im Widerspruch zueinander. Im Gegenteil: Die Phytotherapie ist ein etabliertes Konzept im Rahmen der Naturheilkunde. Mit Esoterik hat die Phytotherapie nichts zu tun.

Die Sicherung der Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit der in der Phytotherapie eingesetzten Mittel wird durch das Arzneimittelgesetz (AMG) geregelt.

Der Gesetzgeber hat bereits 1976 festgelegt, dass die Phytotherapie eine „besondere Therapierichtung“ ist und dass sie durchaus als Konkurrenz zur Therapie mit synthetischen Arzneimitteln anzusehen ist.

In manchen Fällen werden die Kosten für Phytopharmaka von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Privatversicherte, die sich für Mittel der Phytotherapie interessieren, sollten sich zur Kostenübernahme an ihren Versicherer wenden

Welche pflanzlichen Arzneimittel gibt es und wie werden sie angewendet?

Die heutige Naturapotheke umfasst etwa 400 Arzneipflanzen. Die Pflanzen oder Teile von ihnen werden in der Phytotherapie zu Mono- oder Kombiwirkstoffpräparaten unterschiedlichster Dosierung aufbereitet. Beispiele etablierter Arzneipflanzen sind zum Beispiel Johanniskraut und Baldrian aus der europäischen Tradition oder Passionsblume und Chinarinde aus Amerika.

Möglich ist zum einen die innere Anwendung. Das bedeutet die Einnahme der pflanzlichen Wirkstoffe in Form von Tabletten, Kapseln, Tee, Saft oder Tinkturen. Häufig lassen sich Mittel der Phytotherapie auch äußerlich anwenden, etwa in Form von Salben oder Umschlägen, Bädern oder Inhalationen.

Bei welchen Erkrankungen kommt die Phytotherapie zum Einsatz?

Präparate aus der Phytotherapie können vor allem bei der Behandlung nicht akut lebensbedrohlicher Erkrankungen wie zum Beispiel Erkältungs- und Magen-Darm-Krankheiten eine Alternative oder Ergänzung zu chemisch erzeugten Arzneimitteln sein. Gerade Husten, Schnupfen und Bronchitis lassen sich oft mit pflanzlichen Arzneimitteln kurieren. Es gibt Hinweise darauf, dass der Einsatz pflanzlicher Arzneimittel den Verbrauch von Antibiotika reduzieren kann. So lässt sich einer Resistenzentwicklung entgegenwirken. Pflanzliche Arzneimittel können auch bei Schlafproblemen oder Wechseljahresbeschwerden helfen. Bekannt ist zum Beispiel die beruhigende und schlaffördernde Wirkung von Baldrian.

Pflanzliche Arzneimittel werden zudem häufig bei Befindlichkeitsstörungen sowie bei funktionellen und psychiatrischen Erkrankungen verordnet.

Nicht geeignet ist die Phytotherapie für Notfälle oder den Einsatz in der Intensivmedizin.

Kann es bei Arzneimitteln der Phytotherapie auch zu Nebenwirkungen kommen?

Mittel, die in der Phytotherapie verwendet werden, können auch Nebenwirkungen haben. Speziell sogenannte Forte-Präparate, die erwiesenermaßen über eine spezifische Heilwirkung verfügen, können mit einem erheblichem Nebenwirkungsrisiko behaftet sind. Dazu gehören etwa der hochgiftige Fingerhut, der bei Herzrhythmusstörungen eingesetzt wird oder die ebenfalls giftige Tollkirsche, die bei Magenproblemen zum Einsatz kommt. Die Einnahme von Phytopharmaka sollte in Rücksprache mit einem Arzt oder Apotheker erfolgen.

Worauf sollte ich beim Kauf von Phytotherapie-Arzneimitteln achten?

Die Gesellschaft für Phytotherapie rät Patientinnen und Patienten, die Arzneimittel der Phytotherapie kaufen möchten, unbedingt auf den Hinweis „Pflanzliches Arzneimittel“ auf der Verpackung zu achten. Nur die so bezeichneten Produkte unterliegen einem strengen Prüfverfahren oder wurden im Rahmen von Studien getestet. 

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Die INTER Versicherungsgruppe bietet eine Reihe von Gesundheitsprogrammen an. Weitere Informationen zu den Programmen und Kooperationspartnern finden Sie in unserem Gesundheitsservice.

Der Tag der Arzneipflanze

Übrigens: Das Wissen über Arzneipflanzen und ihre Anwendung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ist Ziel des „Tags der Arzneipflanze“ der Gesellschaft für Phytotherapie, der jedes Jahr am ersten Juniwochenende stattfindet.

 

Quellen:

phytotherapie.de/de/die-gpt/definition-phytotherapie/

phytotherapie.de/de/tag-der-arzneipflanze/

phytotherapie.de/de/kontakt/faqs-zur-phytotherapie/definition-phytotherapie/

www.internisten-im-netz.de/fachgebiete/komplementaermedizin/naturheilkundliche-alternative-verfahren/phyto-therapie.html

www.focus.de/gesundheit/ratgeber/naturheilkunde/gesponsert/dhu-die-geschichte-der-heilpflanzen-von-hippokrates-bis-ins-20-jahrhundert_id_10916387.html

www.aerzteblatt.de/archiv/62890/Phytotherapie-Eine-erhaltenswerte-Alternative

www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2013/daz-49-2013/phytotherapie-gestern-und-heute

Martin D, Konrad M, Adarkwah CC, Kostev K. Reduced antibiotic use after initial treatment of acute respiratory infections with phytopharmaceuticals- a retrospective cohort study. Postgrad Med. 2020 Jun;132(5):412-418. doi: 10.1080/00325481.2020.1751497. Epub 2020 Apr 20.

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