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Ratgeber Angehörigenpflege
03.05.2022

Pflegende Angehörige: Daran sollten Sie denken

Drei von vier Pflegebedürftigen in Deutschland werden zuhause versorgt. Meistens von ihren Angehörigen. Im Idealfall geht es Menschen, die zuhause gepflegt werden, jahrelang körperlich und mental gut. Bestenfalls können sie sich weiter – wenn auch eingeschränkt – selbst um viele persönliche Angelegenheiten kümmern. Doch was ist, wenn körperliche und/oder psychische Probleme so groß werden, dass irgendwann kein eigenverantwortliches Handeln mehr möglich ist? Was bedeutet das für die Angehörigen?

Wer ist verantwortlich?

Was viele nicht wissen: Wenn ein solcher Ernstfall eintritt, gelten Lebens- oder Ehepartner, volljährige Kinder oder Eltern nicht automatisch als bevollmächtigt, Rechtsgeschäfte für die Pflegebedürftigen abzuschließen oder tiefgreifende Entscheidungen zu fällen. Diese Situation kann nicht nur aufgrund einer Krankheit eintreten, sondern zum Beispiel auch durch einen Unfall, wenn die betroffene Person dadurch ganz oder teilweise handlungsunfähig wird.

Wer wird gesetzlicher Betreuer?

Es kann sein, dass ein Gericht in solch einem Fall einen gesetzlichen, ehrenamtlichen Betreuer oder eine Betreuerin bestimmt. Das kann ein Angehöriger sein. Bei der Auswahl ist das Gericht gehalten, auf verwandtschaftlichen und sonstigen persönlichen Bindungen Rücksicht zu nehmen.

Es kann jedoch auch eine fremde Person als gesetzlicher Betreuer bestellt werden. Dies kann zum Beispiel ein Mitglied eines Betreuungsvereins sein, ein selbständiger Berufsbetreuer, aber auch eine bei einem Betreuungsverein angestellte oder bei der zuständigen Behörde beschäftigte Person.

Diese Person kann dann zum Beispiel für die Vermögenssorge bestellt sein, also im Namen des Betreuten Verträge schließen oder kündigen. Auch Gesundheitssorge ist möglich, das heißt der Betreuer kann in Angelegenheiten der gesundheitlichen Versorgung Entscheidungen für den Betreuten treffen oder ihn gegenüber Behörden und Versicherungen vertreten.

Was ist eine Vorsorgevollmacht?

Wenn Pflegebedürftige nicht möchten, dass für sie möglicherweise später einmal durch ein Gericht eine bis dahin fremde Person als gesetzlicher Betreuer bestimmt wird, haben sie die Möglichkeit, mit einer sogenannten Vorsorgevollmacht vorzubeugen. Die Vorsorgevollmacht dient dazu, vorab eine Vertrauensperson zu bestimmen, die Menschen rechtlich vertritt, wenn Sie nicht mehr für sich selbst entscheiden können – zum Beispiel einen pflegenden Angehörigen.

Diese Vollmacht kann mit der Hand oder per Computer geschrieben werden. Oder man verwendet einen Vordruck. Ein entsprechendes Formular kann man sich auf der Seite des Bundesjustizministeriums herunterladen.

Wichtig ist, dass in der Vollmacht Ort und Datum angegeben sind und dass das Dokument handschriftlich unterschrieben ist.

Eine notarielle Beglaubigung der Vorsorgevollmacht ist möglich, aber rechtlich nicht vorgeschrieben. Die Vorsorgevollmacht kann jederzeit widerrufen werden, am besten schriftlich , solange der Pflegebedürftige selbst noch handlungsfähig ist.

Was ist eine Patientenverfügung?

Nicht zu verwechseln ist die Vorsorgevollmacht mit der Patientenverfügung.

Mit einer solchen Patientenverfügung können Patientinnen und Patienten für den Fall ihrer Entscheidungsunfähigkeit in medizinischen Angelegenheiten vorsorglich festlegen, wie sie behandelt oder nicht behandelt werden wollen. Es geht darum, ob in einer bestimmten Situation bestimmte medizinische Maßnahmen durchzuführen oder zu unterlassen sind. Es ist sinnvoll, sich vor der Abfassung einer Patientenverfügung ärztlich beraten zu lassen. Die Patientenverfügung kann jederzeit widerrufen werden.

Das Bundesjustizministerium bietet die Textbausteine, aus denen eine Patientenverfügung bestehen kann, zum Herunterladen an.

Es wäre natürlich hilfreich, wenn pflegende Angehörige vom Vorhandensein einer solchen Patientenverfügung wissen und diese gegebenenfalls gegenüber einem Behandlungsteam zur Sprache bringen können.

Was passiert, wenn Pflegende Urlaub machen wollen?

Pflegende Angehörige müssen nicht 365 Tage im Jahr rund um die Uhr abrufbar sein. Liegt bei der pflegebedürftigen Person, die zuhause gepflegt wird, ein Pflegegrad zwischen 2 und 5 vor, haben pflegende Angehörige ein gesetzliches Recht auf die Bezahlung der Kosten für eine Urlaubs- oder Krankheitsvertretung.

Der Fachbegriff für diese Art der Pflege ist Verhinderungspflege. Die Pflegekasse übernimmt die Kosten für den Einsatz einer Pflegekraft im Zeitraum von bis zu sechs Wochen pro Jahr.

Dabei dürfen die Aufwendungen den 1,5-fachen Betrag des im jeweiligen Pflegegrad gezahlten Pflegegeldes nicht überschreiten. Insgesamt kann die Leistung auf bis zu 1.612 Euro aufgestockt werden.

Was ist Kurzzeitpflege?

Es kann vorkommen, dass Pflegebedürftige, die normalerweise von Angehörigen zuhause gepflegt werden, für eine begrenzte Zeit auf vollstationäre Pflege – etwa in einer Reha-Klinik – angewiesen sind. Das kann zum Beispiel nach einem Krankenhausaufenthalt der Fall sein.

In diesem Fall kommt die Pflegeversicherung für Kosten der sogenannten Kurzzeitpflege auf. Voraussetzung ist, dass der Pflegebedürftige über einen Pflegegrad zwischen 2 und 5 verfügt.

Für die Kurzzeitpflege stehen in den Pflegegraden zwischen 2 und 5 bis zu 1.774 Euro für bis zu acht Wochen pro Kalenderjahr zur Verfügung.

Lassen sich Verhinderungs- und Kurzzeitpflege kombinieren?

Menschen mit Pflegegraden zwischen 2 und 5, die zuhause gepflegt werden, haben Anspruch auf Leistungen für die Verhinderungs- und die Kurzzeitpflege.

Beträge, die für die Verhinderungspflege vorgesehen waren, die nicht ausgeschöpft werden, können für die Kurzzeitpflege verwendet werden. Dadurch kann der Betrag, der von der Pflegekasse für die Kurzzeitpflege in vollstationären Einrichtungen erstattet wird, auf bis zu 3.386 Euro im Kalenderjahr erhöht werden.

Umgekehrt können auch Beträge, die für die Kurzzeitpflege zur Verfügung stehen, zum Teil für die Verhinderungspflege genutzt werden. Und zwar 806 Euro pro Jahr. Somit stehen maximal bis zu 2.418 Euro im Kalenderjahr für die Verhinderungspflege zur Verfügung.

Sind pflegende Angehörige sozialversichert?

Pflegende Angehörige, die pro Woche mindestens zehn Stunden lang an zwei oder mehr Tagen Menschen ab Pflegegrad 2 ehrenamtlich zuhause pflegen, gelten als „Pflegeperson“ im Sinne der Pflegeversicherung. Pflegepersonen sind gesetzlich renten-, arbeitslosen- und unfallversichert.

Konkret heißt das zum Beispiel, dass die Pflegeversicherung für Pflegepersonen, die aus ihrem Beruf aussteigen, um sich um pflegebedürftige Angehörige zu kümmern, die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung weiterzahlt. Auf möglichen Hin- und Rückwegen einer Pflegeperson von und zur Wohnung des Pflegebedürftigen ist die Pflegeperson beitragsfrei unfallversichert.

Was ist eine Pflegepflichtversicherung?

Seit 1995 gibt es in Deutschland die Pflegepflichtversicherung. Sie bietet finanziellen Basisschutz für den Fall, dass Sie pflegebedürftig werden. Die Mitgliedschaft in einer Pflegeversicherung ist gesetzlich vorgeschrieben. Privat Krankenversicherte müssen eine private Pflegepflichtversicherung abschließen.

Die Pflegepflichtversicherung bietet zunächst einen Basisschutz. Die Versicherung kommt allerdings nicht für die gesamte Pflege auf. Sie übernimmt nur einen Teil der Kosten, die durch ambulante oder stationäre Pflege entstehen. Daher ist eine zusätzliche private Pflegeversicherung sehr wichtig.

Pflege-Service der INTER

Bei bestehendem Pflegegrad, falls Sie eine Höherstufung beantragen möchten oder Hilfsmittel benötigen, können Sie sich an den Pflege-Service der INTER wenden.

E-Mail: pflege@inter.de
Telefon 0621 427 – 3911

Weitere Service-Nummern der INTER finden Sie hier.

Quellen:

www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2019/PD19_36_p002.html

www.bundesgesundheitsministerium.de/pflege-zu-hause.html

www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/aerzte-und-kliniken/vorsorgevollmacht-und-betreuungsverfuegung-warum-sie-so-wichtig-sind-46972

www.bmj.de/DE/Themen/VorsorgeUndPatientenrechte/Betreuungsrecht/Betreuungsrecht.html

www.bmj.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Betreuungsrecht.pdf

www.bundesgesundheitsministerium.de/patientenverfuegung.html

www.bundesgesundheitsministerium.de/verhinderungspflege.html

www.bundesgesundheitsministerium.de/kurzzeitpflege.html

gesund.bund.de/unterstuetzung-fuer-pflegende-angehoerige

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