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Suchterkrankungen Rategber
05.10.2021

Suchterkrankungen: Auch Ärzte können betroffen sein

Der Druck, der auf vielen Ärztinnen und Ärzten lastet, kann enorm sein. Die Reaktionen auf die vielfältigen möglichen Schwierigkeiten in Praxis oder Klinik – und nicht zu vergessen auf Stress im Privatleben – sind höchst individuell.

Es ist durchaus möglich, dass sich in Folge der Belastung depressive Erkrankungen, Angst- und Schlafstörungen ausbilden und dass es zu beruflichen Versagensängsten kommt. Dabei ist es kein Geheimnis, dass einige Mediziner versuchen, ihre Probleme mit Suchtstoffen zu behandeln.

Schätzungen gehen davon aus, dass etwa sieben bis acht Prozent der Ärzte in Deutschland mindestens einmal im Leben an einer Suchterkrankung leiden. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass es für Betroffene Hilfsmöglichkeiten gibt – und dass es kein Zeichen von Schwäche ist, diese auch anzunehmen. Im Gegenteil.

Wie kommt es zu Suchterkrankungen bei Ärzten?

Ärztekammern gehen davon aus, dass Ärzte stärker suchtgefährdet sind als andere Berufsgruppen. Dabei spielen unter anderem Zeitdruck, die überdurchschnittliche hohe Arbeitsbelastung und die in den vergangenen Jahren gestiegenen Patientenerwartungen eine Rolle.

Weiterhin tragen das häufig hohe Maß an Verantwortung sowie die Angst vor dem Begehen von Kunstfehlern zu der Problematik bei. Nicht zu unterschätzen ist auch die Zunahme von Verwaltungstätigkeiten, die Kapazitäten bindet.

Ein Risikofaktor, der den Weg in die Sucht für Mediziner im Vergleich zu anderen Berufsgruppen erleichtern kann, ist die einfache Verfügbarkeit von Medikamenten, darunter auch Opiaten – und die besondere Vertrautheit mit diesen Substanzen.

Es ist möglich, dass Betroffene die Gefahr von Suchtmitteln unterschätzen, wenn es um ihr eigenes Wohl geht. Die Weitsicht und Fürsorge, die sie ganz selbstverständlich für ihre Patienten aufbringen, bringen die Mediziner eventuell für sich selbst nicht auf.

Wo finde ich bei einer Suchterkrankung Hilfe?

Grundsätzlich gilt: Wenn Sie als Arzt merken, dass Sie ein Suchtproblem haben, sprechen Sie einen Kollegen Ihres Vertrauens an. Dazu gehört oft eine gehörige Portion Überwindung.

Sie werden mit Ihrem Problem jedoch nicht allein gelassen. Die Ärztekammern haben zudem in den vergangenen Jahren strukturierte Behandlungs- und Betreuungsprogramme für suchtkranke Ärzte aufgebaut.

Diskretion und Respekt ist dabei besonders wichtig. So eröffnen diese Hilfsprogramme auch die Möglichkeit, eventuell drohende approbationsrechtliche Maßnahmen bis hin zum Berufsverbot frühzeitig abzuwenden.

Auch sollen sie die Risiken für die Patienten minimieren, die dadurch entstehen, wenn Ärzte unter dem Einfluss von Suchtmitteln arbeiten.

In den Landesärztekammern gibt es Ansprechpartner für Betroffene. Eine Übersicht über Hilfsangebote und spezielle Interventionsprogramme der jeweiligen Ärztekammern finden Sie auf dieser Seite der Bundesärztekammer.

Ein mögliches Angebot für suchterkrankte Ärzte kann eine stationäre Rehabilitation sein. Eine weitere Möglichkeit ist das Besuchen einer Selbsthilfegruppe. Eine bundesweite Übersicht über Selbsthilfegruppen bietet die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS).  

Wie funktionieren Interventionsprogramme für suchtkranke Ärzte?

Ein Beispiel für Interventionsprogramme für suchtkranke Ärztinnen und Ärzte ist das Programm der Ärztekammer Hamburg. Diese hilft seit rund 20 Jahren suchtkranken Medizinern nach dem Prinzip „Hilfe statt Strafe“.

Die Kammer unterstreicht dabei die Vertraulichkeit des Programms. Bei „Therapiewilligkeit und kooperativem Verhalten“ sichert die Kammer zu, dass keine personenbezogenen Informationen an Dritte weitergegeben werden.

Betroffene erhalten Unterstützung bei der umgehenden Aufnahme einer qualifizierten Entzugs- und Entwöhnungsbehandlung. Es gibt dafür Kliniken, die sich auf Suchterkrankungen bei Ärzten und anderen akademischen Berufen spezialisiert haben.

Die Kammer informiert auch über Wege zu einer möglichen Kostenerstattung der Entzugsbehandlung. Sie hilft auch, wenn dies nötig sein sollte, bei der Vermittlung einer Praxisvertretung.

Wie erfolgreich sind Interventionsprogramme?

Das Programm endet nicht mit dem Abschluss der stationären Entwöhnung. Anschließend kümmert sich die Kammer um den Aufbau eines therapeutischen Netzes, das den Abstinenzerfolg nachhaltig sichern soll.

In diesem Zusammenhang gibt es eine weitere ermutigende Nachricht für Betroffene: Wenn Ärzte mit einer Suchtmittelproblematik erst einmal den Schritt in geeignete Behandlungsangebote gewagt und geschafft haben, ist mit einer besonders hohen Erfolgsquote von bis zu 60 Prozent zu rechnen.

Welche finanzielle Absicherung gibt es für Ärzte bei einem krankheitsbedingten Ausfall?

Wenn ein niedergelassener Arzt wegen einer Krankheit nicht zur Arbeit in der Praxis erscheinen kann, springt die private Praxisausfallversicherung ein, sofern man eine solche abgeschlossen hat.

Wer aufgrund einer Krankheit voraussichtlich mindestens sechs Monate lang weniger als 50 Prozent seiner beruflichen Tätigkeit ausüben kann, kann ebenfalls privaten Versicherungsschutz bekommen.

Hier springt die Berufsunfähigkeitsversicherung ein. Sie unterstützt Betroffene bei den Kosten für den Lebensunterhalt in Form einer Berufsunfähigkeitsrente.

Fazit

Mediziner sind Menschen mit Sorgen und Nöten wie alle anderen auch. Dass einige von ihnen unter starkem Stress zu Suchtmitteln greifen, lässt sich erklären.

Wahrscheinlich sind Ärzte sogar stärker gefährdet als andere Berufsgruppen. Doch in solchen Fällen besteht Handlungsbedarf, nicht nur um dem Betroffenen zu helfen, sondern auch, um die bestmögliche Versorgung der Patienten weiter sicherzustellen.

Es gibt Hilfsangebote und gute Möglichkeiten, die Suchtproblematik mit guten Erfolgsaussichten zu meistern. Mutig sind diejenigen, die diese auch annehmen.

Quellen

www.aerztezeitung.de/Panorama/Alkohol-Cannabis-und-Co-wenn-Aerzte-suechtig-werden-223796.html

www.bundesaerztekammer.de/aerzte/versorgung/suchtmedizin/suchterkrankungen-bei-aerztinnen-und-aerzten/

https://www.laekb.de/

www.aerztekammer-hamburg.org/arztgesundheit.html

www.aerzteblatt.de/archiv/211268/Aerztegesundheit-Hohe-psychische-Belastungen

www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/aerztekammern-wollen-suchtkranken-aerzten-helfen/

www.nakos.de/informationen/basiswissen/selbsthilfegruppen/

www.bundesaerztekammer.de/aerzte/versorgung/suchtmedizin/suchterkrankungen-bei-aerztinnen-und-aerzten/interventionsprogramme-der-landesaerztekammern/

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