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Parkinson-Expertenchat
02.06.2022

Wissenswertes zur Behandlung des Morbus Parkinson

Entstehung von Morbus Parkinson

Die Parkinson-Krankheit oder auch Morbus Parkinson genannt, ist eine chronische Erkrankung des Nervensystems. Die Krankheit greift besonders den Teil des Gehirns an, welcher für das Kontrollzentrum der Bewegungen zuständig ist. Der dort von den Nervenzellen produzierte Botenstoff nennt sich Dopamin. Sinkt der Dopaminspiegel, so wirkt sich dies negativ auf die Koordination und Bewegungsfähigkeit der Betroffenen aus.

Typische Symptome des Morbus Parkinson betreffen das motorische System. Hierzu gehören Bewegungsverlangsamung (Bradykinese), Muskelsteifheit (Rigor), Zittern (Tremor) und Störungen der Haltungsstabilität.

Verlauf der Krankheit

Morbus Parkinson schreitet stetig voran und ist noch nicht heilbar. Der individuelle Verlauf der Erkrankung kann nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden. Moderne Medikamente können die Lebensqualität lange Zeit deutlich verbessern und ermöglichen ein längeres selbständiges Leben. Viele Patienten können noch über viele Jahre nach der Diagnose ein normales, fast uneingeschränktes Leben führen. Allerdings müssen dafür die Medikamente immer neu angepasst und eingestellt werden. Die Lebenserwartung von Parkinson-Patienten gegenüber der Gesamtbevölkerung ist vermutlich nur geringfügig reduziert.

Behandlung von Morbus Parkinson

Die typischen Parkinson-Symptome werden durch einen Mangel des Botenstoffs Dopamin im Gehirn ausgelöst. Daher zielen viele Behandlungen darauf ab, diesen Botenstoff in Medikamentenform entweder wieder zuzuführen oder den Abbau von  L-Dopa bzw. Dopamin zu verhindern.

In beiden Fällen wird der Dopaminmangel ausgeglichen und die Beschwerden werden gelindert. Allerdings kann das weitere Absterben der Nervenzellen und somit das Fortschreiten der Erkrankung nicht verhindert werden.

In der Frühphase der Parkinson-Krankheit lassen sich die o.g. motorischen Kardinalsymptome meistens gut durch die sogenannte dopaminerge Medikation:

  • L-Dopa oder Levodopa
  • Dopamin-Agonisten
  • MAO-B-Hemmer
  • Amantadin

entweder in Form einer Mono- oder Kombinationstherapie behandeln.

Da Morbus Parkinson allerdings voranschreitet, sind im Verlauf der Erkrankung immer wieder Anpassungen der Therapie und/oder der Dosierungen nötig um die bestmögliche Therapiewirkung zu erreichen. Mit zunehmender Erkrankungs- und Therapiedauer steigt daher auch die Wahrscheinlichkeit, motorische Komplikationen in Form von Wirkfluktuationen und sogenannter medikamentös induzierter Dyskinesien (Störungen des Bewegungsablaufs) zu erleiden. (Tabelle 1).

In fortgeschrittenen Stadien der Parkinson-Erkrankung vielen Betroffenen dann durch die sogenannte „gerätegestützte Therapien“ wie Medikamentenpumpen oder der tiefen Hirnstimulation (THS) geholfen werden.

Motorische Komplikationen im fortgeschrittenen Stadium

Wirkfluktuationen der dopaminergen Therapie umfassen sowohl motorische als auch nicht-motorische Symptome und sind mit einem Verlust an Lebensqualität assoziiert.  Nach 5-jähriger Behandlungsdauer mit L-Dopa treten bei über 40 % der Erkrankten Wirkfluktuationen auf.1 Diese umfassen:

  • ein Nachlassen der Medikamentenwirkung am Ende der Einnahmeintervalle („wearing-OFF“-Phänomene) oder frühmorgens nach dem einnahmefreien Intervall der Nacht („early-morning-OFF“)
     
  • eine Verzögerung im Wirkeintritt einer oralen Dosis oder völliges Ausbleiben der Wirkung („delayed ON“, „no-ON“) sowie
     
  • einen abrupten Wechsel der Wirksamkeit ohne klaren Bezug zur Einnahme der Medikamente.


Wirkfluktuationen treten bei vielen Betroffenen kombiniert mit L-Dopa induzierten Dyskinesien auf:

  • „ON-Phasen-Dyskinesien“ treten in Phasen mit eigentlich guter Beweglichkeit auf
  • „Biphasische Dyskinesien“ treten bei An- und Abfluten einer L-Dopa Einzeldosis auf
  • Zudem kann es während einer „OFF-Phase“ auch zu einer „Dystonie“ (Muskelversteifung) kommen.

Therapie bei Fluktuationen und Dyskinesien

Ansätze zur Behandlung von Wirkungsfluktuationen basieren überwiegend auf dem Prinzip, eine möglichst kontinuierliche Stimulation mit Dopamin zu erreichen. Durch zusätzliche Gabe von Enzymhemmern kann z.B. die Bioverfügbarkeit von L-Dopa oder Dopamin erhöht werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Einnahme von Dopaminagonisten – sie können die Wirkung von Dopamin simulieren, indem sie auch an Dopaminrezeptoren binden.

Grenzen der oralen Therapie des Morbus Parkinson

Trotz der mittlerweile vielfältigen Möglichkeiten der oralen Therapie kann es im Verlauf der Erkrankung dazu kommen, dass die Wirkungsschwankungen als „medikamentös ausbehandelte Fluktuationen“ (MAF) eingestuft werden. Dies ist eine komplexe und schwierige Diagnose, die auf jeden Fall von einem erfahrenen Parkinson-Spezialisten abgeklärt werden sollte. Zwar können anhand eines Bewegungsprotokolls Auftreten und Ausmaß von Fluktuationen und Dyskinesien quantifiziert werden, der daraus resultierende Leidensdruck und der Einfluss auf die Lebensqualität ist aber eine sehr variable Größe – letztere sind die ausschlaggebenden Gründe für die Entscheidung ob eine gerätegestützte Therapie mit Pumpen oder eine THS in Frage kommen.

Individuelle Kriterien, die für eine Entscheidung zur gerätegestützten Therapie von Bedeutung sind, umfassen u. a. die subjektive Haltung der Betroffenen bzgl.

  • häufiger Tabletteneinnahme,
  • psychischer Wirkungen der Medikation,
  • Angst vor invasiven Eingriffen sowie
  • Wunsch nach Selbstwirksamkeit.

Grenze der Oralen Medikation erreicht – was nun?

Medizinische Leitlinien empfehlen, den Einsatz folgender gerätegestützter Therapien zu prüfen, wenn die Fluktuationen als „medikamentös ausbehandelt“ definiert wurden:

  • intrajejunale Infusion von Levodopa-Gel (IJLG)
  • kontinuierliche subkutane Apomorphin-Infusion (APO)
  • tiefe Hirnstimulation (THS)

Mit den 3 oben genannten invasiven Verfahren kann eine verbesserte Symptomkontrolle gelingen und Behinderungen in der Folge verzögert oder sogar verhindert werden.2

Um die körperliche Unabhängigkeit und Lebensqualität von Betroffenen möglichst lange zu erhalten, sollte eine Aufklärung zu den weiterführenden Therapieoptionen möglichst früh und rechtzeitig erfolgen.2

Falls Sie Fragen zu Morbus Parkinson generell, Behandlungsoptionen, Wirkfluktuationen, weiterführenden Therapieoptionen und weiteren Themen rund um Morbus Parkinson haben, steht Ihnen in der Zeit vom 27.06.2022 bis zum 01.07.202 mit Prof. Wojtecki ein ausgewiesener Parkinson-Experte im E-Mail-Chat unter parkinson@stadapharm.de zur Verfügung.

Quellen

  1. Poewe W, et al. Parkinson disease. Nat Rev Dis Primers. 2017 Mar 23;3:17013.
     
  2. Ebersbach G. & Poewe W. „Medikamentös ausbehandelte Fluktuationen“ trotz „optimierter peroraler/transdermaler Therapie“ bei Morbus Parkinson: Versuch einer pragmatischen Definition. Aktuelle Neurologie 2018; 45(09): 665-671.

    Bildquelle: www.gettyimages.de/detail/foto/ladder-though-hole-in-ceiling-lizenzfreies-bild/1186948007
Prof. Lars Wojtecki

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