
Reizdarmsyndrom: Wenn der Darm Probleme macht
Am 19. April ist Welt-Reizdarm-Tag, ein Aktionstag, der auf diese Darmerkrankung aufmerksam machen soll. Jeder Mensch hat hin und wieder einmal Probleme mit der Verdauung. Treten die Beschwerden allerdings über einen längeren Zeitraum immer wieder auf, kann eventuell ein Reizdarmsyndrom dahinterstecken.
Was versteht man unter dem Reizdarmsyndrom?
Es ist völlig normal, dass Sie hin und wieder Veränderungen in der Verdauung feststellen: Mal müssen Sie öfter, mal seltener auf die Toilette. Das eine Mal ist der Stuhl flüssiger, ein anderes Mal härter. Auch Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung sind an sich kein Grund zur Sorge – wenn sie vereinzelt auftreten.
Von einem Reizdarmsyndrom (RDS), auch bekannt unter der Bezeichnung nervöser Darm oder Reizkolon, spricht man erst,
- wenn die Symptome länger als drei Monate anhalten,
- die Beschwerden so häufig und stark sind, dass Betroffene bereits (vergebens) ärztliche Hilfe gesucht haben, und
- keine andere Erkrankung vorliegt, durch die die Beschwerden erklärt werden könnten, wie zum Beispiel eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung (Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn), eine Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) oder Darmkrebs.
Ein RDS kann in jedem Alter auftreten. Schätzungsweise sind 10 bis 20 von 100 Menschen betroffen, Frauen etwa doppelt so häufig wie Männer. Die Erkrankung gilt nicht als gefährlich. Betroffene müssen beispielsweise keine Organschäden oder eine verminderte Lebenserwartung befürchten. Sie kann sehr mild verlaufen oder sich sogar von selbst zurückbilden. In anderen Fällen aber leiden Patientinnen und Patienten so massiv und häufig unter den Symptomen, dass sie im Alltag stark belastet sind.
Was sind die Symptome?
Das Krankheitsbild Reizdarm kann sehr komplex sein. Typische Beschwerden sind Bauchschmerzen oder Unterleibsschmerzen sowie Symptome, die man unter „Veränderungen des Stuhlgangs“ zusammenfassen kann. Darunter fallen dann beispielsweise Verstopfung, aber auch Durchfall – oder beides im Wechsel. Außerdem sind Krämpfe, Blähungen, Völlegefühl oder schleimiger Ausfluss mögliche Anzeichen. Während Frauen häufiger unter Verstopfungen leiden, kommt es bei Männern eher zu Durchfall.
Die Erkrankung verläuft in den meisten Fällen chronisch. Betroffene müssen dann dauerhaft damit leben, dass sie immer wieder Beschwerden haben. Die Symptome treten oft schubweise auf, das heißt, Patientinnen und Patienten erleben im Wechsel Phasen, in denen sie nur leichte oder gar keine Darmprobleme haben und solche, in denen diese sehr stark sind.
Begleiterkrankungen: Wenn es nicht nur bei Darmproblemen bleibt
Zu den Verdauungsbeschwerden können sich weitere Symptome oder Erkrankungen gesellen, die für Betroffene sehr belastend sind. Dazu gehören zum Beispiel:
- Reizmagen (Dyspepsie)
- Chronisches Müdigkeitssyndrom (Fatigue)
- Fibromyalgie-Syndrom (Chronische Schmerzen in mehreren Körperregionen)
- Psychische Krankheiten wie Depression, Angsterkrankungen oder Panikstörungen
Genaue Ursachen sind unklar
Theorien gibt es einige, doch bislang lässt sich das Reizdarmsyndrom nicht auf genaue Ursachen zurückführen. Für die Entstehung können viele Faktoren (biologisch, psychisch und sozial) eine Rolle spielen. So kann zum Beispiel eine Störung der Darmflora oder der Darmbeweglichkeit vorliegen. Eventuell wird zu viel Gallensäure produziert oder es liegt eine Überempfindlichkeit der Darmwand vor. In der Diskussion für mögliche Ursachen sind außerdem:
- hormonelle Veränderungen
- eine erbliche Veranlagung
- vorherige Behandlung(en) mit Antibiotika
- Darmentzündungen
- Infektionen mit bestimmten Bakterien oder Viren, die Durchfallerkrankungen auslösen (postinfektiöses RDS)
- seelische Belastungen, wie Stress oder ein schlimmes Ereignis
Fachleute sehen das Reizdarmsyndrom mittlerweile als Störung der Kommunikation zwischen Darm und Gehirn an.
Reizdarm: Nicht immer leicht festzustellen
Da die typischen Beschwerden auch andere Ursachen als das RDS haben können, ist eine Diagnose oft schwierig und kann lange dauern. Denn um ein Reizdarmsyndrom feststellen zu können, müssen andere Erkrankungen erst einmal ausgeschlossen werden.
Für diese Ausschlussdiagnose wird die Ärztin oder der Arzt Sie als erstes nach den genauen Beschwerden, nach bekannten Unverträglichkeiten oder Erkrankungen fragen. Körperliche Untersuchungen und Bluttests dienen dazu, abzuklären, ob eine andere Erkrankung vorliegt, die den Darm beeinträchtigt. Darüber hinaus werden Sie zu Ihren Lebensumständen befragt: Treten die Symptome zum Beispiel immer dann auf, wenn Sie etwas Bestimmtes gegessen haben? Befinden Sie sich aktuell in einer schwierigen Lebensphase? Haben Sie viel Stress? All diese Faktoren sind wichtig, um die Ursache für Ihre Darmprobleme zu finden und entsprechend zu handeln.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Die eine Behandlung für das Reizdarmsyndrom gibt es nicht. Sie ist genauso individuell wie das Beschwerdebild der Betroffenen. Oft müssen sie gemeinsam mit den Behandelnden experimentieren und mehrere Maßnahmen ausprobieren, um Linderung zu finden. Dazu gehören:
- Pfefferminzöl: Pfefferminzöl soll sich entspannend auf die Muskulatur des Darms auswirken und ihn so beruhigen.
- Probiotika: Probiotika sind Bakterien, die natürlicherweise den Darm besiedeln und dort für ein gesundes Gleichgewicht sorgen. Bei Patientinnen und Patienten mit RDS kann dieses Gleichgewicht gestört sein, was die Beschwerden auslösen kann. Die Einnahme von Probiotika kann dann hilfreich sein.
- Medikamente: Bei Betroffenen, die häufig unter Krämpfen leiden, haben sich krampflösende Medikamente (Butylscopolamin) bewährt. Gehören Durchfall oder Verstopfung zu den Beschwerden, können zum Beispiel Durchfallmedikamente (Antidiarrhoika) oder Abführmittel (Laxantien) Linderung verschaffen. Allerdings ist deren Wirkung beim RSD noch nicht ausreichend untersucht.
- Psychotherapeutische Verfahren: Sind die Beschwerden sehr stark, kann eine kognitive Verhaltenstherapie (KVT) dabei helfen, besser damit umzugehen.
Ernährungsumstellung, ja oder nein?
Häufig ist zu lesen, dass ein Reizdarmsyndrom eine Ernährungsumstellung notwendig macht. Das kann richtig sein und viele Betroffene merken eine Verbesserung der Symptome, wenn sie bestimmte Lebensmittel meiden. Welche das sind, ist aber sehr individuell. Was bei der einen Person Beschwerden auslöst, wird von der anderen gut vertragen und umgekehrt. Generell kann man das also nicht empfehlen.
Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass das Vermeiden von sogenannten fermentierbaren Kohlenhydraten die Symptome eines Reizdarms verbessern kann. Diese vergärbaren Kohlenhydrate sind unter der Abkürzung FODMAP, die englische Abkürzung für fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und (and) Polyole bekannt. FODMAPs sind in vielen Lebensmitteln enthalten, zum Beispiel in Süßigkeiten, Brot (besonders Weizen), Milchprodukten, Steinobst oder Kohl.
Die Vermutung: FODMAPs könnten dafür sorgen, dass mehr Wasser in den Darm gelangt, wodurch Durchfall begünstigt wird. Durch die Gärung (Fermentierung) bilden sich mehr Gase im Darm. Das kann zu Blähungen führen. In einigen Fällen kann ein Verzicht auf FODMAPs für einen Zeitraum von etwa 6 bis 8 Wochen sinnvoll sein. In jedem Fall sollten Sie dazu Ihre Ärztin oder Ihren Arzt zu Rate ziehen. Denn die Empfehlung, generell alle Lebensmittel aus der Ernährung zu streichen, die FODMAPs enthalten, ist mit Vorsicht zu genießen. Der komplette Verzicht ist im Alltag schwer durchzuhalten, weil FODMAPs in so vielen Produkten enthalten sind. Außerdem besteht das Risiko, dass durch eine solche Diät nicht genügend Vitamine und Mineralstoffe aufgenommen werden.
Das können Sie selbst tun
Neben der Therapie bei einer Ärztin oder einem Arzt können Betroffene selbst eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, um sich den Alltag mit RDS zu erleichtern. Diese können Ihnen helfen, sich der Erkrankung nicht so ausgeliefert zu fühlen.
- Tagebuch führen: Ein Tagebuch kann nützlich sein, um Ihren Krankheitsverlauf genau zu beobachten. Hier können Sie zum Beispiel eintragen, was Sie essen und wie Sie es vertragen haben. Wenn Sie Ihre Beschwerden regelmäßig notieren und mit Ihrer Behandlung abgleichen, können Sie feststellen, ob und wie gut diese Ihnen hilft. Diese Informationen sind auch nützlich für Ihre Behandelnden.
- Abwechslungsreiche Ernährung: Essen Sie ausgewogen und trinken Sie ausreichend Wasser oder ungesüßte Kräutertees. Achten Sie (mit Blick auf Ihr Tagebuch) darauf, was Sie gut vertragen. Eine gesunde Ernährung unterstützt auch eine gute Darmflora.
- Vorbereitung bei Essenseinladungen: Wenn Sie eingeladen sind und sich nicht sicher sind, ob Sie das angebotene Essen vertragen, kann das sehr unangenehm sein. Eventuell ist es sinnvoll, wenn Sie sich Ihr eigenes Essen mitbringen. Offenheit kann hier für mehr Verständnis bei Ihren Mitmenschen sorgen. Sie können ja nichts für Ihre Erkrankung und wollen niemanden absichtlich vor den Kopf stoßen.
- Bewegung: Die tut einfach gut, auch Ihrem Darm.
- Entspannungsverfahren: Da Stress die Beschwerden oftmals auslöst oder verstärkt, kann es sinnvoll sein, Verfahren wie Yoga, Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung in den Alltag einzubauen. Damit können Sie lernen, das Stressempfinden zu reduzieren.
- Unterwegs den Überblick behalten: Wo ist die nächste Toilette? Ist die gut zugänglich? Muss ich dafür sorgen, dass ich schnell nach Hause komme? Diese und ähnliche Fragen können Ihnen viel Stress nehmen, wenn Sie unterwegs sind.
- Austausch mit anderen: Selbsthilfegruppen bieten eine gute Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und sich gegenseitig zu helfen.
INTER Gesundheitsservice: Wir sind für Sie da!
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Quellen:
https://www.gesundheitsinformation.de/reizdarmsyndrom.html
https://gesund.bund.de/reizdarmsyndrom#ursachen
https://www.gesundheitsinformation.de/was-hilft-bei-reizdarm-und-was-nicht.html