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Beruf Ratgeber
19.04.2022

Feierabend: Raus aus dem Stress, rein ins Wohlbefinden

Es gibt Menschen, die sind mit der beneidenswerten Eigenschaft gesegnet, nach Feierabend wie auf Knopfdruck abschalten zu können. Sie lassen nach Dienstende ihren Arbeitsplatz und den beruflichen Stress hinter sich. Andere wiederum scheinen diese Gabe nicht zu besitzen. Feierabend zu machen, geschweige denn Abstand vom Arbeitstag zu gewinnen, fällt ihnen deutlich schwerer. Vielleicht glauben sie sogar, sich diesen vermeintlichen Luxus nicht gönnen zu können und befinden sich daher in dauerhafter Anspannung. Doch Feierabend ist eben kein Luxus, sondern Grundvoraussetzung, um sich zu erholen und neue Energien zu sammeln. Ansonsten drohen Stress und stressbedingte Erkrankungen.

Was passiert bei Stress im Körper?

Auch wenn er sich selten positiv anfühlt, Stress ist in bestimmten Situationen gut für uns. Die natürliche Körperreaktion hilft uns, Belastungssituationen zu bewältigen. In Stresssituationen werden im Organismus die Hormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol freigesetzt. Durch diesen Mechanismus wird der Körper entweder in einen „Angriffsmodus“ oder einen „Fluchtmodus“ versetzt: Blutzuckerspiegel und Blutdruck steigen an, alle Sinne sind aktiviert. Jetzt sind wir in der Lage, Höchstleistungen zu bringen. So produktiv diese Phase sein kann, so wichtig ist es auch, für einen Ausgleich zu sorgen. Denn auf Dauer hat diese maximale Anspannung negative Folgen. Steht der Mensch über einen längeren Zeitraum unter einer Dauerbelastung ohne Erholungsphasen, kommt es irgendwann zur Überlastung. Sind Cortisol- und Adrenalinspiegel dauerhaft erhöht, drohen zum Beispiel Schlafstörungen und Depressionen. Körperliche Folgen können Bluthochdruck und sogar das Entstehen von Krebserkrankungen sein.

Gut zu wissen: Was ist Achtsamkeit?

Eine Möglichkeit zur Stressreduktion ist das Praktizieren von Achtsamkeit. Die Ursprünge des Prinzips, welches inzwischen zu einem regelrechten Trend avanciert ist, liegen im Buddhismus. Die bewusste, aber nicht eingreifende oder wertende Konzentration auf den gegenwärtigen Moment soll zu Weisheit und innerer Gelassenheit führen.

Diese religiöse Grundidee können wir uns auch für unsere Gesundheit zunutze machen. In den 1970er-Jahren entwickelte der US-Molekularbiologe Jon Kabat-Zinn die sogenannte achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR). Kabat-Zinn konnte nachweisen, dass die tägliche Besinnung auf den Augenblick es auch Patientinnen und Patienten unter extremer psychischer Belastung oder mit chronischen Schmerzen ermöglicht, einen Zustand der inneren Ruhe zu erreichen. Dieser Zustand wirkte sich positiv auf das Gesamtbefinden aus. Inzwischen wird MBSR bei unterschiedlichen Beschwerden und Therapien eingesetzt, zum Beispiel bei Angststörungen oder chronischen Schmerzen. Einige Übungen des meist mehrwöchigen Programms lassen sich gut in den Alltag integrieren.

Atem beobachten

Eine bekannte Achtsamkeitsübung ist die Beobachtung des Atems. Dabei konzentrieren Sie sich auf die Bewegung beim Ein- und Ausatmen sowie die Empfindungen, die Sie dabei wahrnehmen, ohne diese zu beeinflussen. Es kann hilfreich sein, die Atemzüge zu zählen oder in Gedanken mit „ein“ und „aus“ zu begleiten. Wenn Ihre Gedanken abschweifen, nicht ärgern, sondern einfach wieder bewusst zum Atem zurückkehren. Sie werden bemerken, dass Sie nach einer Weile automatisch ruhiger werden. Die Atembeobachtung lässt sich gut in den Alltag integrieren, denn Sie können Sie jederzeit und in jeder Körperhaltung (im Sitzen, im Liegen, beim Stehen und sogar im Gehen) praktizieren.

Routinen beobachten und Bewusstsein schaffen

„Hatte ich nicht gerade noch einen Stift in der Hand? Wo habe ich den denn hingelegt?“ Kennen Sie diese oder ähnliche Situationen? Im Laufe des Tages erledigen wir viele Dinge unbewusst. Angefangen bei den Bewegungen beim Zähneputzen oder den Handgriffen beim Kaffeekochen. Einige Abläufe haben wir so verinnerlicht, dass wir sie gar nicht mehr wirklich mitbekommen. Wir können sie aber auch achtsam ausführen, indem wir ihnen die volle Aufmerksamkeit widmen. Probieren Sie es aus, zum Beispiel, indem Sie die Schritte zum Feierabend zu einem Ritual machen, das Sie bewusst wahrnehmen. Das kann je nach Beruf zum Beispiel das Ausschalten des Computers sein, das Aufräumen von Arbeitsutensilien, die Übergabe von Aufgaben an Kolleginnen und Kollegen der nächsten Schicht bis hin zum buchstäblichen Verlassen des Arbeitsplatzes. Beobachten Sie auf dem Nachhauseweg Ihre Umgebung genau, gern kombiniert mit der Atembeobachtung. Machen Sie sich bewusst: „Ich habe jetzt Feierabend!“

Wohlfühlrituale entwickeln

Auch wenn Sie bereits zu Hause sind, können Sie damit fortfahren, Aktivitäten bewusst auszuführen. Angefangen mit der Wahrnehmung Ihrer Bedürfnisse: Was brauchen Sie jetzt? Eine Tasse Tee? Ein gutes Buch oder einen Abend vor dem Fernseher? Zeit mit Familie oder Freunden? Eine lange Dusche oder ein heißes Bad? Ist Ihnen mehr nach Bewegung oder Entspannung? Auch wenn Sie nach Feierabend noch eine lange To-Do-Liste haben, gönnen Sie sich, wenn möglich, mindestens eine Sache, die Sie jetzt brauchen und machen Sie ein Ritual daraus. Das kann Ihnen ein Gefühl der Stabilität geben und dabei helfen, den Alltag zu entschleunigen. Sie könnten einen Spaziergang machen oder eine kleine Sporteinheit – Bewegung hilft nämlich nachweislich beim Herunterkommen. Auch Entspannungstechniken wie Yoga, Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung nach Jacobson können Ihnen beim Abschalten helfen. Egal ob aktiv oder gemütlich, wichtig ist, was Ihnen guttut.

Aber es ist doch so viel zu tun …

Allein beim Gedanken daran, nach Feierabend ausschließlich etwas für sich zu tun, sind Sie gestresst, weil die noch zu erledigenden Aufgaben Sie zu erdrücken scheinen? Auch das kann ein unbewusstes Verhalten sein, das sich verselbstständigt hat. Schauen Sie genau hin. Was ist zu tun? Wie wichtig ist es? Kann es warten? Geht es Ihnen besser, wenn Sie es „noch schnell“ erledigen oder ist Ihre Erholung jetzt wichtiger? Vielleicht ist es auch möglich, Familienmitglieder mit einzubinden und einzelne Aufgaben abzugeben. Setzen Sie Ihre persönlichen Grenzen.

Probleme aufschreiben

Der Arbeitstag ist gerade erst zu Ende, aber Sie haben etwas nicht fertigstellen können? Es gibt da noch einen Konflikt mit Kollegen, den Sie nicht klären konnten? Solche und ähnlich quälende Gedanken können auch nach Feierabend für Stress sorgen. Aber auch wenn es schwerfällt, Sie können die Situation jetzt nicht lösen. Sie können allerdings versuchen, etwas Abstand zu den Aufgaben und Problemen zu bekommen. Wenn Ihnen etwas auf dem Herzen liegt, das Sie am Abschalten hindert, schreiben Sie es auf und vertagen es auf den nächsten Arbeitstag. Entweder direkt nach der Arbeit oder vor dem Zubettgehen. So geht es nicht verloren, und Sie können dem Karussell aus ständig kreisenden Gedanken entgegenwirken. Das Aufschreiben kann sogar richtig befreiend sein.

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Quellen:

www.internisten-im-netz.de/fachgebiete/psyche-koerper/stress.html

www.mbsr-verband.de/achtsamkeit/mbsr

www.pschyrembel.de/Achtsamkeitsbasierte%20Stressreduktion/P05FT/doc/

www.pschyrembel.de/Achtsamkeit/P05FS/doc/

www.pschyrembel.de/Achtsamkeits%C3%BCbungen/P03JX/doc/

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