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Christian Kollmuß
Christian Kollmuß
Christian Kollmuß
Christian Kollmuß
Lärmmessung an Straße
26.04.2023

Stress für die Ohren: Wie Lärm uns krank macht

Unser Alltag kann bunt sein, aufregend, bisweilen stressig und vieles mehr. Für viele ist er vor allem eins: laut. Geräusche umgeben uns überall und fast ununterbrochen. Wenn wir sie als störend empfinden, werden sie zu Lärm. Lesen Sie, wie sich Lärm auf unsere Gesundheit auswirken kann und was Sie tun können, um sich Linderung zu verschaffen.

Was ist Lärm?

Eine Art Definition von Lärm findet sich zum Beispiel auf der Website des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV): Demnach ist Lärm jedes unerwünschte Geräusch. Was „unerwünscht“ ist, wird natürlich höchst individuell empfunden. Während die einen Heavy-Metal-Musik in Konzert-Lautstärke als wohltuende Geräuschkulisse genießen und beim Hören wunderbar abschalten können, ist das für andere einfach nur störender Krach. Über Geschmack lässt sich streiten, physikalische Einheiten machen Lärm aber zumindest messbar. Deshalb lohnt sich ein kleiner Exkurs in die Wissenschaft der Akustik:

Geräusche bestehen aus Schallwellen

Genauer gesagt sind Schallwellen wellenförmige Bewegungen von Teilchen in der Luft oder im Wasser. Sie entstehen, wenn ein Körper in Schwingung gebracht wird. Erreichen diese Schwingungen unser Gehör, nehmen wir sie als Geräusch wahr. Die Stärke des Schalls, also das, was wir als Lautstärke empfinden, wird in der Maßeinheit Dezibel (dB) gemessen. Dazu hier einige Beispiele aus dem Alltag, mit wieviel dB Geräusche unser Ohr erreichen:

  • 30 bis 40 Dezibel: Typische Hintergrundgeräusche im häuslichen Umfeld
  • 40 bis 60 Dezibel: Unterhaltungen ab Flüsterlautstärke
  • 60 bis 85 Dezibel: Pkw im Straßenverkehr
  • 90 bis 110 Dezibel: Diskothek, aber auch Presslufthammer

Werden Schallwellen zu stark, empfinden wir sie als schmerzhaft. Dann können sie das Gehör schädigen. Die Angaben dazu variieren von 120 bis 140 Dezibel als Schmerzgrenze.

Gut zu wissen: Welcher Lärm stört uns besonders?

Laut einer Befragung des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2020 empfinden wir Deutschen die Geräuschkulisse im Straßenverkehr als besonders störend. 76 Prozent der Befragten gab an, sich innerhalb der vergangenen 12 Monate durch Straßenverkehrslärm besonders belästigt gefühlt zu haben. Dahinter folgt Nachbarschaftslärm mit 57 Prozent und Lärm aus Industrie und Gewerbe mit 50 Prozent.

Wie macht Lärm krank?

Welches Geräusch wir als störend empfinden, liegt wie gesagt an unseren persönlichen Vorlieben. Generell lässt sich aber sagen: Wenn Geräusche zu einer Belastung werden, die unsere Erholung stört, wird daraus Lärm. Lärm kann also als ein Schallereignis verstanden werden, das das menschliche Wohlbefinden beeinträchtigt. Dies kann unterschiedliche Folgen für unsere Gesundheit haben.

Schäden für das Gehör (aurale Wirkungen)

Hohe Schallbelastungen können die Haarzellen im Innenohr schädigen. Diese Zellen wandeln Schallschwingungen in elektrische Signale um, die über Nerven ins Gehirn weitergeleitet werden. Wenn Schall das Gehör beeinträchtigt, wird das medizinisch als aurale Wirkung bezeichnet. Hörschäden können durch dauerhafte Schallbelastungen, beispielsweise im Berufsleben, entstehen. Aber auch kurze sehr hohe Schallpegel, sogenannte Schallspitzen, können das Gehör beeinträchtigen. Darunter fallen laute Explosionen, aber auch Freizeitaktivitäten wie Konzertbesuche. Das Hörvermögen kann dabei bis zur Schwerhörigkeit geschädigt werden. Da zerstörte Haarzellen des Innenohrs nicht nachwachsen, sind lärmbedingte Hörschäden nicht heilbar. Darüber hinaus sind zeitlich begrenzte oder dauerhafte Ohrgeräusche (Tinnitus) mögliche Folgen.

Stress durch Lärmbelastung (extra-aurale Wirkungen)

Lärm schädigt nicht nur das Gehör, er kann auch den ganzen Organismus beeinträchtigen. Solche extra-auralen Wirkungen sind Stressreaktionen, die den Körper in Alarmbereitschaft versetzen. In der Folge werden zum Beispiel vermehrt Stresshormone ausgeschüttet und das autonome Nervensystem aktiviert, das Stoffwechselprozesse im Körper reguliert. Dafür sind nicht unbedingt hohe Schallspitzen notwendig. Bereits niedrige Schallpegel, wie sie im Straßenverkehr auftreten, können das subjektive Wohlbefinden stören und die Lebensqualität negativ beeinflussen. Diese Prozesse laufen ganz automatisch ab – auch bei Menschen, die glauben, sich an den Lärm gewöhnt zu haben oder im Schlaf. Das kann den Schlaf erheblich stören und somit weniger erholsam machen.

Folgeschäden für den Organismus

Neben den Schäden fürs Gehör und dem Risiko für einen Tinnitus, kann der anhaltende Stress, der durch dauerhaften Lärm ausgelöst wird, weitere körperliche Folgen haben. Er kann sich beispielsweise auf die Blutfettwerte und den Blutzuckerspiegel auswirken sowie das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Arteriosklerose erhöhen. Menschen, die regelmäßig Lärmbelastungen ausgesetzt sind, beispielsweise durch nächtlichen Verkehrslärm, leiden Studien des Umweltbundesamtes zufolge häufiger unter Bluthochdruck und haben ein erhöhtes Herzinfarktrisiko.

Gut zu wissen: Auf Warnzeichen achten!

Unser Gehör kann sich im Alltag an Lärm gewöhnen. Darüber hinaus kann es passieren, dass erste Hörschäden nicht immer auffallen. In manchen Fällen sendet unser Körper aber bestimmte Warnsignale. Wenn Sie nach einer hohen Geräuschbelastung, zum Beispiel nach dem Hören von lauter Musik, ungewohnte Geräusche im Ohr bemerken, sollten Sie das ärztlich abklären lassen.

Das können Sie tun

Die beste Möglichkeit, Lärmstress zu lindern ist, sich dem Lärm nicht auszusetzen. Das ist leichter gesagt als getan. Denn in unserem Alltag gibt es Lärm, der sich nicht vermeiden lässt. Wer beispielsweise an einer vielbefahrenen Straße lebt, wird schlecht etwas an der dauerhaften Beschallung durch den Straßenverkehr ändern können. Allerdings kann es schon helfen, das Schlafzimmer auf eine eher verkehrsberuhigte Seite der Wohnung zu verlegen. Eventuell sind auch Baumaßnahmen, wie neue Fenster, gute Möglichkeiten, die Lärmbelastung zu reduzieren.

Arbeiten Sie beruflich mit lauten Maschinen wie Presslufthammer oder Bohrmaschine? Dann gehören spezielle Kopfhörer zu den wichtigen Maßnahmen des Arbeitsschutzes. Im Alltag können Noise-Cancelling-Kopfhörer oder Ohrstöpsel Linderung verschaffen, um laute Gespräche oder Musik abzudämpfen – oder nachts in den Schlaf zu finden.

Und auch wenn wir gegen den Lärm als Stressquelle nicht viel ausrichten können, so können wir doch trainieren, besser mit Stress umzugehen. Durch Entspannungstechniken wie Yoga, Autogenes Training oder Tai Chi können wir lernen, gelassener zu werden und schneller zur Ruhe zu kommen – auch wenn es um uns herum laut ist.

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Die INTER Versicherungsgruppe bietet eine Reihe von Gesundheitsprogrammen an. Weitere Informationen zu den Programmen und Kooperationspartnern finden Sie in unserem Gesundheitsservice.

 

Quellen:

www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/laermwirkungen

www.stiftung-gesundheitswissen.de/gesundes-leben/psyche-wohlbefinden/die-laute-last

www.bmuv.de/themen/luft-laerm-mobilitaet/laerm/laermschutz-im-ueberblick/was-ist-laerm

www.lfu.bayern.de/buerger/doc/uw_34_laerm_messen_bewerten.pdf

www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/laermwirkung/gehoerschaeden

www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2380/bilder/dateien/_ub_2020_laermbelaestigung.pdf

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